Der Löffler (Platalea leucorodia) ist ein seltener Vogel, der an der Nordseeküste beobachtet werden kann. Er ist etwa 80 cm groß und hat einen auffällig langen, löffelartigen Schnabel, der ihm den Namen „Löffler“ eingebracht hat.
Der Löffler ist ein Zugvogel und verbringt den Sommer in Norddeutschland, bevor er im Winter in wärmere Regionen zieht. An der Nordseeküste kann man den Löffler am Wattenmeer und Salzwiesen beobachten, wo er auf Nahrungssuche geht. Er ernährt sich hauptsächlich von Kleinfischen, Krebstieren, Wasserinsekten und Mollusken wie Muscheln und Schnecke, die er mit seinem Schnabel aus dem Wasser seihert.
Die größten Verbreitungsgebiete des Eurasischen Löfflers liegen in Westpaläarktis, wo er nicht nur brütet, sondern zum großen Teil auch überwintert. In Europa sind die Brutgebiete des Löfflers dagegen noch relativ klein und liegen weit zerstreut, ebenso wie die Überwinterungsgebiete in Afrika.
Doch die Bestände an der Nordseeküste nehmen kontinuierlich zu und breiten sich weiter Richtung Norden aus. Löffler brüten ab Februar im Nationalpark Wattenmeer, im September fliegen sie südwärts in ihe Winterquartiere am Mittelmeer und in Nordwestafrika. Vereinzelt versuchen Löffler am Wattenmeer sogar zu überwintern.
Inzwischen brüten mehr als 1000 Löfflerpaare (2019) allein in Deutschland. Auch das mitteleuropäische Binnenland wird bereits punktuell besiedelt. Doch ist die Zukunft des Löfflers in Europa damit bereits gesichert? Reicht das Potential an möglichen Brutplätzen und Nahrungsgründen dazu aus? Der Löffler könnte zur Leitfigur für den Erhalt intakter Feuchtgebiete werden.
Brutkolonien und Bestandsgrößen in den Niederlanden
Anfang des 20.Jahrhundert formierte sich eine erste Löffler-Kolonie der Niederlande auf der Insel Texel. Nach und nach bildeten sich weitere Brutkolonien: 1962 auf Erschelling, 1983 in Vlieland, 1992 im Schiemonnikoog, 1994 auf Ameland, 1998 auf Rottumerplaat und ab 2000 wurden wurden die ersten Salzweisen am Balgzand von den Löfflern besiedelt. 2010 schließlich brüteten die ersten Löfflerpaare auf Griend.
Die Besiedlung des deutschen Wattenmeeres ging von den Niederlanden aus, denn dies war für viele Jahrzehnte die nördlichste Population des Löfflers. Um das Jahr 1970 brachen die Bestandszahlen der Löffler in den Niederlanden dramatisch ein. Einige Löffler wichen nach Osten aus und gründeten die ersten Brutkolonien an der deutschen Nordseeküste, später weiter nördlich auch entlang der Dänischen Westküste.
Längst haben sich die Löfflerbestände in den Niederlanden wieder erholt, 2014 waren es 3.000 Brutpaare. In den Niederlanden gibt es auch immer wieder Löffler, die dort zu überwintern versuchen. Sie halten sich dann als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen in den Sümpfen auf, die sich in den Dünentälern bilden. Wahrscheinlich ziehen sie sich dorthin zurück, weil im Winter die Garnelen des Wattenmeeres in tiefere Gewässer abwandern. In den Gräben und Tümpeln in den Dünen ernähren sie sich von kleinen Fischen. Frieren diese Wasserstellen zu, dann sinken die Überlebenschancen für die Löffler drastisch. Wie viele Löffler jährlich den Winter überleben, ist nicht bekannt.
Brutkolonien und Bestandsgrößen in Deutschland
Seit den 1990-ziger Jahren nimmt die Zahl der Brutpaare kontinuierlich an der deutschen Nordseeküste zu, inzwischen sind es jährlich mehr als 1.000 Brutpaare. Davon brüten mehr als 90% brüten im Nationalpark Wattenmeer.
Im deutschen Teil des Nationalpark Wattenmeer brüten die Löffler hauptsächlich auf unbewohnten Inseln und Halligen. Hier werden sie seltener von Menschen gestört und sind vor Nesträubern wie Fuchs und Hermelin sicher. Die Brutplätze der Löffler liegen vor allem auf den höher gelegenen Salzwiesen und in den Dünen. Auf diesen Salzwiesen brüten auch Möwen, Seeschwalben, Austernfischer, Rotschenke und Wiesenpieper.
Die Nester der Löffler werden etwa einen halben Meter hoch auch aus Pflanzenmaterial aufgeschichtet. So sind sie relativ sicher vor Überflutung. Doch gelegentlich werden auch die Salzwiesen und die Brutkolonien überflutet. Dann ertrinken Nestlinge und Jungvögel. Bei solchen Sturmfluten fast 2/3 der Gelege einer Brutkolonie weggespült werden.
Niedersachsen
Seit 1995 gibt es auch im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer beständige Brutkolonien des Löfflers: Zuerst auf der Vogelinsel Memmert, ein Jahr später auch auf der unbewohnten Insel Mellum. Zählungen 2018 auf Mellum ergaben 177 brütende Löffler. Untersuchungen dort zeigten, dass der Bruterfolg im Laufe der Brutsaison deutlich abnimmt. Dagegen ließ sich kein Unterschied feststellen zwischen Nester innerhalb einer Brutkolonie und einzeln angelegten Nestern.
Seit 1999 werden auch die bewohnten Inseln Ostfrieslands nach und nach besiedelt. 2014 ergaben Zählungen einen Gesamtbestand von 594 Brutpaaren im Nationalpark Niedersächsischen Wattenmeer.
Die meisten Brutkolonien liegen auf höher gelegenen Salzwiesen oder in Nachbarschaft großer Brutkolonien von Möwen. 2016 wurde eine Löfflerkolonie sogar in der ehemaligen Festungsanlage Langlütjen an der Außenweser entdeckt.
Gelegentlich tauchen Löffler sogar an den Teichen und Seen im Grüngürtel Bremens auf.
Schleswig Holstein
Erst seit 2000 brüten Löffler auch in Schleswig-Holstein. 2000 tauchten die ersten Löffler auf der Hallig Oland auf, 2002 brüteten sie dann auch auf der Vogelinsel Trischen im Mündungsgebiet der Elbe. 2006 waren es auf Trischen und Oland zusammen bereits 35 Brutpaare. Obwohl die Hallig Oland ziemlich abseits liegt, sind die Jungvögel dort nicht sicher vor Füchsen. Inzwischen brüten sie auch auf der Insel Föhr und der Hallig Südfall. Doch wie vor befindet sich auf Trischen die größte Brutkolonie der Löffler.
Ist die Brutzeit beendet, dann suchen sie Areale auf, wo sie vor allem ausreichend Nahrung finden: Bei Hochwasser sind dies vor allem unter Wasser stehende Salzwiesen, bei ablaufendem Wasser das angrenzende Watt. Dann kann man sie besonders gut im Hauke-Haien-Koog und im Meldorfer Speicherkoog beobachten.
Brutkolonien in Dänemark
Im Dänischen werden die Löffer Skestrok genannt. Bereits in den Jahren 1962 bis 1969 brüteten einige Löffler am Limfjord. Dann kamen erst wieder ab 1996 von den Niederlanden über die deutschen Wattenmeerküste nach Dänemark zum Brüten. Inzwischen haben sich Brutkolonien von Dauer in Nibe Bredning im Limfjord und an der Mündung der Skern Å im Ringkøbing Fjord gebildet. Brütende Löfflerpaare gibt es im Dänischen Wattenmeer (Nationalpark Vadehavet) bisher nur auf der kleinen Insel Langli in der Ho Bugt bei Esbjerg und in einem See bei Sneum Digesø. Inzwischen hat sich Gesamtbestand an Löfflern auf mehr als 300 vergrößert. Im Tonderner Marsch finden sich regelmäßig Scharen von Löfflern zur Nahrungssuche im seichten Wasser ein. Es gäbe hier auch potentielle Brutplätze, aber kaum Inseln, auf denen der nachwuchs sicher Füchsen sein könnte.
Es ist anzunehmen, dass die Löffler mit der zunehmenden Klimaerwärmung weiter nordwärts ausbreiten werden. Seit 2001 brüten Löffler an der Nordseeküste Englands und seit 2002 an der Küste Belgiens.
Nicht nur am und im Wattenmeer brüten in Deutschland die Löffler, teilweise auch viel weiter landeinwärts. In Nordrhein-Westfalen sind es die Bislicher Insel bei Xanthen am Niederrhein – hier brüten die Löffler nahe der Flutmulde – und im Zwillbrocker Venn unmittelbar an der Niederländischen Grenze, wo sich seichte Stillgewässer, die sich in ehemaligen Torfstichen gebildet haben, mit Feuchtwiesen, Mooren und Heideflächen abwechseln. Ein Unikum: Hier sieht man Löffler zusammen mit Flamingos, jeder auf seine Weise Nahrung aus dem seichte Wasser seihen. Bei diesen Flamingos handelt es sich um die weltweit nördlichste Kolonie.