Ein bemerkenswertes Ereignis im Bereich des Naturschutzes hat kürzlich für Aufsehen gesorgt: Erstmals wurde in Deutschland ein Kuhreiher (Bubulcus ibis) gesichtet, der erfolgreich in Bayern brütet. Ein Mitglied des Naturschutzverband LBV entdeckte Ende Juli Jungvögel dieser seltenen Reiherart am Altmühlsee und dokumentierte das Ereignis fotografisch.
Die Freude im Naturschutzverband LBV ist unermesslich. „Es ist stets beeindruckend, wenn eine bisher nicht beobachtete Vogelart erstmals in unserem Gebiet brütet. Besonders in Zeiten, in denen die Artenvielfalt bedroht ist und immer mehr Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind, geben uns solche Entdeckungen neue Motivation“, erklärt Jan Heikens, der LBV-Gebietsbetreuer am Altmühlsee.
Letztes Jahr hatten Mitglieder des LBV bereits das Glück, erwachsene Kuhreiher am Altmühlsee zu beobachten. Diese Vögel präsentierten sich in ihrer prächtigen Gefiedertracht, mit gelben Schmuckfedern geschmückt, und trugen Nistmaterial – ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass der Altmühlsee sich als geeignete Brutstätte etabliert. „Seit dem Frühjahr erreichten uns kontinuierlich Meldungen über Kuhreiher, die an unserem See gesichtet wurden und über die Meldeplattform ornitho.de eingegangen sind. Am 20. Juli konnte Bianca Satzinger, eine aktive Teilnehmerin der Kreisgruppe, schließlich mit Fotos eines der drei Jungvögel den überzeugenden Beweis für eine erfolgreiche Brut liefern.“
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kuhreiher am Altmühlsee aus dem Mittelmeerraum stammen, da sie zu den Kurzstreckenziehern zählen. Die zunehmend wachsenden Populationen von Kuhreihern in Spanien und Frankreich tragen dazu bei, dass sich das Verbreitungsgebiet dieser Vogelart ausdehnt. Bislang wurden in Deutschland lediglich Versuche zur Brut von entflogenen Kuhreihern verzeichnet, die aus Zoos oder privater Haltung stammen.
Der Kuhreiher zeigt im Vergleich zu seinen einheimischen Verwandten eine geringere Bindung an größere Gewässer und kann sogar gelegentlich in ausgedehnten Parkanlagen brüten. Seine Hauptnahrungsquelle, vorwiegend Insekten, findet er oft inmitten von Viehherden oder nach der Ernte auf Wiesen und Feldern. „Die Vogelinsel im Altmühlsee bietet dem Kuhreiher sämtliche Lebensgrundlagen: ausreichend Nahrung, geschützte und ruhige Brutplätze – vielleicht sogar in der dort ansässigen Nachtreiherkolonie – und sogar Weidetiere“, erläutert der LBV-Gebietsbetreuer. Der Kuhreiher zieht Viehherden vor, da diese stets eine Fülle von Insekten bieten und somit eine wertvolle Quelle seiner Nahrung darstellen. So könnte der Name „Kuhreiher“ möglicherweise auch auf diese Vorliebe für Viehherden zurückzuführen sein.
Reiher in Bayern
Im Freistaat Bayern bieten sich nicht nur Möglichkeiten zur Beobachtung des Graureihers, sondern auch des lokal begrenzten Purpurreihers sowie des zunehmend häufiger anzutreffenden Nachtreihers. Inzwischen ist es sehr verbreitet, den imposanten Silberreiher zu erspähen, der noch vor der Jahrtausendwende nur selten anzutreffen war. „Der Kuhreiher ist im Vergleich eher klein und erreicht nur etwa die halbe Größe eines Silberreihers. Im Jugendkleid kann der Kuhreiher leicht mit dem ebenfalls am Altmühlsee anzutreffenden Seidenreiher verwechselt werden, der jedoch durch einen auffälligen Federbüschel und gelbe Füße gekennzeichnet ist.“